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1. Abriß der Weltwirtschaftskunde - S. 127

1913 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
B. Frankreich. 127 so auch den wirtschaftlichen Mittelpunkt. Dadurch wird das Bild der Einheit- lichkeit noch gehoben. Das übrige Land tritt dagegen an Bedeutung zurück. Der Franzose ist sehr patriotisch, lebhaft, fleißig und sparsam und hat einen ausgeprägten Kunst- und Schönheitssinn. Aber es fehlen ihm die deutsche Zähigkeit und Gründlichkeit, seine wetterwendische Art und seine Neigung zur Großsprecherei haben ihn politisch und auch wirtschaftlich schon vielfach geschädigt. Infolge des steigenden Reichtums des Landes hat sich das Nationalvermögen in den letzten 50 Jahren verdreifacht. Die Bevölkerung vermehrt sich jedoch in den letzten Jahren nur sehr wenig, daher erscheint das Land dünn bevölkert. Die Folge davon ist, daß Frankreich im Wirtschaftsleben der Welt nicht mehr den Platz einnimmt, den es früher inne hatte. Es ist nicht gezwungen, sich am Wirtschaftskampfe zu beteiligen, wie Deutschland infolge seines starken Volks- zuwachses. c) Das Verkehrswesen hat entsprechend der wirtschaftlichen Gestaltung des Landes seinen Mittelpunkt in Paris, von wo alle größeren Bahnlinien ausgehen. Neben dem gut entwickelten Bahnnetz hat das Flachland mit dem reichen System schiffbarer Ströme schon srüh zur Anlage vieler Kanäle geführt, die allerdings vielfach nicht mehr den modernen Anforderungen entsprechen. Obgleich die offene Landesgrenze gegen Deutschland zu einem lebhasten Verkehr mit diesem Lande hätte führen müssen, ist dieser doch infolge der politischen Spannung nur recht mäßig entwickelt, und demgemäß ist auch die Zahl der beide Länder verbindenden Bahnlinien nicht allzureichlich. d) Der Außenhandel steht in der Welt an 4. Stelle (vgl. Tabelle Xiii). Die Einfuhr überwiegt die Ausfuhr nur unwesentlich infolge der reichen Erträge der Landwirtschast und der verhältnismäßig dünnen Bevölkerung (vgl. S. 122). In der Einfuhr steht der große Bedarf an Rohstoffen sür die Textilindustrie obenan, deren Erzeugnisse neben Wein und den Erträgen der blühenden Viehzucht auch die wichtigsten Gegenstände der Aussuhr bilden. Als die wichtigsten Waren seien genannt (1909): Wert in Millionen Mark. Einfuhr: Aussuhr: Wolle..... 560 Wolle.....300 Baumwolle . . . 440 Baumwollgewebe Seide . . . . . 310 Seidengewebe . Kohle..... 375 Häute . . . Wein . . . 300 275 210 190 Den stärksten Handelsverkehr unterhält Frankreich mit England, auf das allein 15 des ganzen Außenhandels entfällt. Die Franzosen haben es viel besser als wir verstanden, ihre Kolonien wirtschaftlich an sich zu binden; etwa \'s des französischen Außenverkehrs entfällt auf diese. Deutschland steht unter den Verkehrsländern Frankreichs an 3. Stelle, während Frankreich bei uns erst an 5. Stelle erscheint (vgl. Tabelle Xiv). Es liefert uns Wolle, Seide und seidene Gewebe, sowie sonstige Modewaren, Häute und Felle, Wein und vielerlei Erzeugnisse seiner Landwirtschaft. Dagegen bezieht

2. Vaterländische Geschichte für junge Landwirte - S. 7

1910 - Berlin : Parey
Die Jugendzeit des Großen Kurfürsten. 7 setzte sich fest, daß die Bauern die^ Untertanen der Herren seien und ihre Wirtschaft nur zum Nießbrauch hätten. In West- und Süddeut'schland war ihre Lage noch nicht so schlimm; aber in Ostdeutschland, jenseits der Elbe, wurden die Bauern fast ganz lerb-eigen. Die Gutsherren nahmen^^8äüernhöfe, welche Die verarmten Bauern doch nicht selbst bewirtschaften konnten, und vereinten sie mit ihrem großen Grundbesitz, und die Bauern konnten froh sein, wenn sie als Pächter oder gar nur als Tagelöhner wieder angenommen wurden. Vom Gutsherrn erhielten sie eine Hütte und ein Stück Land zur Benutzung geliehen; dafür mutzten sie für ihn alle Arbeiten (Fronen) verrichten, und nur einen Tag in der Woche hatten sie zur Arbeit für sich. - Außer den Fronen aber lasteten noch allerlei Steuern und Abgaben auf den Bauern, die sie bald für den" Burgherren oder die Klöster, bald für die Fürsten oder die Kirche in der Form des Zehnten entrichten mutzten. 2. Die Jugendzeit des Großen Kurfürsten und sein Regierungsanfang. a) Seine Jugendzeit. Der Kurprinz Friedrich Wilhelm wurde bald nach dem Ausbruch des dreißigjährigen Krieges zu Berlin geboren. Als dann die Kriegsunruhen auch über die Mark Brandenburg kamen, begab sich die Mutter mit dem 7 jährigen Knaben nach dem sichern Küstrin, wo er den größten Teil seiner Knabenzeit verlebt hat. Zu seiner weitern Ausbildung schickten ihn seine Eltern in seinem 15. Jahre nach den Niederlanden. Der mehrjährige Aufenthalt des Prinzen in diesem Lande war für ihn von ganz besonderer Bedeutung. Der Prinz von Oranien führte ihn in die Kriegskunst ein und wurde ihm das Vorbild eines vorzüglichen Regenten. Aber auch sonst lernte er manches kennen, was ihm später für seinen hohen Beruf von Nutzen gewesen ist. Mit offenen Augen schaute er in das tätige Leben der Niederländer. Das Volk, das er hier kennen lernte, war zwar klein; doch vertraute es kühn auf die eigene Kraft. Stark und wehrhaft bewies es sich dem Feinde gegenüber und hat heldenmütig seine Freiheit und Selbständigkeit behauptet. Ackerbau und Viehzucht, Handel und Gewerbe waren durch den rührigen Fleiß der Bewohner und durch die kluge Ausnutzung der günstigen Lage am Meer zu hoher Blüte gelangt. Bis zu seinem 18. Lebensjahre blieb der Prinz in den Niederlanden; da wurde sein Vater krank, und der Minister Schwarzenberg berief ihn schleunigst heim. Zwei Jahre später starb der Vater, und Friedrich Wilhelm bestieg 1640 den Thron.

3. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 3

1913 - Wittenberg : Herrosé
3 5. Wahrhaftigkeit. Ich meine, das; strenge Wahrhaftigkeit immer der höchste Be- weis der Tapferkeit ist und daß also jeder Mensch, auch wenn er nie eine Flinte gesehen hat, täglich Gelegenheit hat, seinen Mut zu üben durch offenes Gestehen und rücksichtslose Wahrheit im Allerkleinsten. Es ist nämlich viel leichter, mit einemmal in großer Begeisterung sein Leben wegzuwerfen, als täglich standhaft zu bleiben, wenn es uns treibt, auszureißen vor einer unangenehmen Szene und einer Blamage oder einer Strafe aus dem Wege zu gehen. Da zeigt sich's, ob einer wirklich eisern ist gegenüber dem Gruseln und Fürchten, oder ob er ein Buschklepper ist, der sich versteckt, wenn er einen Angriff kommen sieht. Bei den alten Germanen ging die Sage, daß die auf dem Schlachtfeld Gefallenen von den Schlachtjungfrauen nach Walhalla geführt würden, um dort unter den Göttern im ewigen Licht zu wohnen. Wer nicht lügt und tapfer alles auf sich nimmt, nur um der Wahrheit treu zu bleiben, der ist schon auf Erden in Walhalla und wohnt bei den Göttern, denn alle Guten und Tapfern werden ihn ehren und ihm die Hand reichen und ihm durch Liebe und Vertrauen die Erde zum Himmel machen. Aus: Dr. Fr. W. Foerster, Lebenskunde. 6. Sprüche. 1. Was du als wahr erkannt, verkünd es ohne Zagen! Nur trachte, Wahrheit stets mit mildem Wort zu sagen! 2. O weh der Lüge! Sie befreiet nicht, wie jedes andre, wahr gesprochne Wort die Brust, sie macht uns nicht getrost; sie ängstet den, der sie heimlich schmiedet, und sie kehrt, ein losgedrückter Pfeil, von einem Gott gewendet und versagend, sich zurück und trifft den Schützen. 3. Drum fliehe Lüg' und Tücke, der Wahrheit folge gern; sie führet dich zum Glücke, sie ist der Tugend Kern. O rede wahr und wenig, dein Wort sei ja und nein; so will's der Wahrheit König, ihm ähnlich sollst du sein! 4. Gesteh dir's selbst, wenn du gefehlt; füg nicht, wenn Einsicht kam, zum falschen Weg, den du gewählt, auch noch die falsche Scham. 1-

4. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 5

1913 - Wittenberg : Herrosé
5 gesetzten, der ihn auferlegt, und die Anwesenden, die seiner Ab- legung beiwohnen. Wer durch falschen Schwur die Heiligkeit des Eides verletzt, begeht eins der furchtbarsten Verbrechen: ein Verbrechen gegen denjenigen, dem er durch den falschen Eid schadet — ein Ver- brechen gegen die Grundlage der staatlichen wie jeder Ordnung — ein Verbrechen gegen Gott selbst, indem der Meineidige der All- wissenheit, Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes spottet, sich gleichsam feierlich von Gott lossagt und dessen Fluch auf sich herabruft. Den Meineidigen treffen daher mit Recht die schwersten Strafen: die weltliche Obrigkeit bestraft ihn mit mehrjährigem Zuchthaus und erklärt ihn unfähig, fernerhin ein Amt zu bekleiden und eidliches Zeugnis abzulegen, er ist als gemeiner Lügner ge- brandmarkt, dem man nicht mehr glauben kann; seit den ältesten Zeilen galt er in Deutschland als ehrlos, früher wurden ihm die Finger, mit denen er falsch geschworen, mit dem Beil abgehauen oder mit unauslöschlicher Farbe -angestrichen — dem geschädigten Nächsten ist er zum Schadenersatz verpflichtet. — Wie schrecklich Gott ihn strafen wird, besagt die Stelle der Schrift: „Es soll kommen der Fluch in das Haus des falsch in meinem Namen Schwörenden, und er soll bleiben mitten in seinein Hause und es verzehren, sein Holz samt seinen Steinen!" Das; der Meineidige im Sinne dieser Drohung wirklich schon hier auf Erden von Gott furchtbar gestraft zu werden pflegt, hat in vielen Fällen sich recht augenscheinlich schon gezeigt. Beweise dich als Gottes Kind, dem Treu' und Wahrheit heilig sind, als Wahrheit-Freund, als Lügen-Feind! Nach Fr. W. Bürgel. 9. Der Kampf mit der Zunge. Im alten Griechenland gab es einen Orden von frommen und nachdenklichen Männern. Die hietzen die Pythagoräer. Wer in ihren Bund eintreten wollte, der nutzte geloben, drei Jahre lang zu schweigen. Erst wenn er diese Probe bestanden hatte, wurde er würdig befunden, zu ihnen zu gehören. Könnt ihr euch wohl denken, warum diese Bedingung gestellt wurde? Ich glaube, weil nichts auf der Welt schwerer ist, als Herr zu sein über die Zunge. Wer das fertig bringt, der beweist damit so viel Kraft des Geistes und der Selbstbeherrschung, datz man ihm auch in grötzern Dingen vertrauen kann. Er ist ein freier Mann und nicht mehr der Knecht seines Mundwerks. Was hilft alle Gutherzigkeit, wenn die lose Zunge dem guten Herzen nicht ge- horcht? Das grötzte Unheil und die grötzte Verwirrung in der Welt wird durch losgelassene Zungen angerichtet. Wegen eines leichtsinnigen Scheltwortes schietzen sich Menschen gegenseitig tot,

5. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 153

1913 - Wittenberg : Herrosé
153 ablegen von der Vergänglichkeit alles Irdischen. Marthas lakonische Erklärung geht dann gewöhnlich dahin: „Das fehlt schon lange." In den meisten Fällen hat die Hausfrau ihren Gehilfinnen bei ihrem Dienstantritt die „Unfallmeldepflicht" streng auf die Seele gebunden. Sie will die Beschämung nicht noch einmal erleben, daß bei einem Skatabend des Gatten dreierlei — sage und schreibe dreierlei Biertulpen auf den Tisch gebracht werden mußten, oder wie jüngst beim Damenkaffee vor den Augen der kritischsten ihrer Freundinnen einen Sahnengießer mit abgebrochener Schneppe aufmarschieren zu sehen. Der armen Hausfrau liegt der Schreck noch heute in allen Gliedern. Seltsamerweise aber hat niemals Martha das Geschirr zer- brochen, es ist vielmehr entzwei gegangen, oder es ist von selbst gesprungen, völlig nebensächlich war dabei der Umstand, daß sie beim Reinigen eine Flut kochenden Wassers auf das Geschirr schüttete. Zumeist möchte man dazu noch eine gewisse Methode in dem Walten des tückischen Zufalls beobachten, denn mit ver- blüffender Gewißheit wird immer das uns werteste Stück in Scherben gehen, sei es ein Andenken, ein besonders seltenes oder außergewöhnlich kostbares Stück, das man aus guten Gründen schon nicht der besondern Sorgfalt der behandelnden Kraft emp- fehlen mochte. Die arme Hausfrau hat sich im Laufe der Jahre entweder eine größere Gleichgültigkeit gegen ihre Verluste angewöhnt oder den Entschluß gefaßt, ihr teuerstes Geschirr selbst zu säubern. Eine andre schaffte billiges Restaurantgeschirr an und lauschte von da ab mit einer Art grimmigen Humors, wenn ihr Küchen- engel allen gegenteiligen Vorstellungen zum Trotz draußen in der Küche Tassen und Gläser „aufeinanderkeilte", so daß man es durch die ganze Wohnung klirren hörte. Bei jedem Knall spricht die Hausfrau lächelnd zum Gatten: „Jetzt habe ich ein Fünfundsiebzigpfennig-Glas gerettet und jetzt eine Einemarkund- fünfzig-Tasse erspart und für einen Taler Verdruß vorgebeugt." Es darf selbstverständlich nicht vergessen werden, daß auch in den sorgsamsten Händen hin und wieder ein Scherbenunglück vorkommen kann, denn einerseits haben wir Menschen nun ein- mal keine Feenhände, und anderseits wirken zuweilen ungünstige Zufälle zusammen, die eine Scherbenkatastrophe unvermeidlich machen. Die Hausfrau von Herzensbildung wird sich deshalb auch vor Ungerechtigkeiten gegen ihre Hausgehilfin zu hüten wissen. Und manches gute Mädchen ist nach einem Unfall nicht minder geknickt als das verunglückte Geschirr. Das neue Bürgerliche Gesetzbuch hat in weiser Erwägung der weiblichen Schwächen beider Parteien die unglückliche Hand unsers Küchenengels in seinen besondern Schutz genommen und einen Schadenersatzanspruch der Hausfrau für zerbrochenes Ge- schirr nur dann für zulässig erklärt, wenn grobes Verschulden des

6. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 234

1913 - Wittenberg : Herrosé
weichen Wachs, das ohne Widerstand alle Formen annimmt und behält, die man ihm gibt. Von größter Wichtigkeit ist in der häuslichen Erziehung die Gewöhnung zu religiösen Übungen. Eine fromme Mutter erzählt ihrem Kinde täglich vom lieben Gott, der für alle Menschen sorgt, der alles weist und alles sieht, der das Gute belohnt und das Böse bestraft: sie betet mit ihrem Liebling morgens und abends, vor und nach dem Essen, unbekümmert, ob er auch jedes Wort des Gebets verstehe, viel- mehr sich dessen wohl bewustt, dast durch derartige religiöse Übun- gen immer religiöses Gefühl und Ahnung dessen erzeugt wird. vor dem sich alle Knie beugen. Eine fromme Mutter pflanzt vor allem wahre Frömmigkeit ins Kindesherz und legt damit festen Grund zum sichern Aufbau aller übrigen Tugenden. Eine andre Grundbedingung für eine erfolgreiche Erziehung ist der Gehorsam. Ohne Gehorsam sind alle Lehren und Ermahnungen fruchtlos. Darum soll man schon frühe beginnen, die Kinder an das Ge- horchen zu gewöhnen. Noch ehe sie sprechen, ehe sie gehen lernen, schon von dem Augenblick an, wo sie die Gegenstände voneinander zu unterscheiden anfangen, d. h. wo sie Vorliebe für diesen oder jenen Gegenstand zu erkennen geben, ist der erste Grund für den Gehorsam zu legen. So unbedeutend auch dieser Anfang zu sein scheint, ist er doch sehr schwerwiegend, und wer ihn ver- nachlässigt. wird später Mühe haben, den anscheinend kleinen Fehler wieder gutzumachen. Die kleinen Händchen strecken sich gar bald verlangend nach allem möglichen und unmöglichen aus. Man gebe dem Kinde willig und ohne Widerspruch alles, was ihm gerade Freude macht, wenn es nicht gefahrbringend für dasselbe ist. oder der Gegenstand nicht nutzlos dadurch ver- dorben wird. Ist aber das eine oder das andre der Fall, so mache man dem Kinde verständlich, dast es den betreffenden Gegenstand nicht bekommen kann. oder lege ihn beiseite und lasse sich weder durch ein zum Weinen verzogenes Gesichtchen noch durch lautes Schreien bestimmen, den Gegenstand schliestlich doch noch herzuholen. Was einmal verweigert ist, mutz verweigert bleiben, und das unter allen Umständen, wenn man nicht wissent- lich den Eigensinn im Kinde wecken will. Wenn das kleine Menschenkind seine Gedanken in Worte zu kleiden beginnt und gelernt hat, sich selbständig fortzubewegen, dann kommt zu dem einfachen Verweigern auch das Verbieten und ein klein wenig später auch das Gebieten hinzu. Man ge- statte ihm nie, ein Tier zu quälen, unerlaubte Estwaren, Obst usw. zu nehmen oder von aufgetragnen Speisen vorweg zu naschen:

7. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 284

1913 - Wittenberg : Herrosé
284 gänzlich fremd. ja. unmöglich zu sein. und ich habe nie ein hartes Wort über ihre Lippen gehen hören. Wenn der Vater, in dessen Natur eine starke Anlage zu heftigen Aufwallungen lag, je zu- weilen aus menschlicher Schwäche auch ein heftiges Wort gegen sie sprach, da schwieg sie wie ein Lamm und tat ihren Mund nicht auf. Mit den Dienstboten und Arbeitern zankte sie nie. sondern verwies ihnen das. was unrecht war, mit sanftem Ernst. Sie urteilte nie hart über einen abwesenden Menschen und mochte dies Urteilen auch an andern nicht leiden. Und dennoch hat wohl selten eine Frau in ihrer ganzen Umgebung soviel willige Unter- würfigkeit und Gehorsam, soviel Ehrfurcht und Liebe gefunden wie diese. Viele rohe Dienstboten wurden in ihrem Haushalt gar bald sanft und gut von dem Geiste der Gottesfurcht, des Fleißes und der Ordnung ergriffen, der von der Frau des Hauses ausging. Unser lieber Herr hat unter seinen Menschen zuweilen solche, durch die er nur wohltun und segnen, gar nicht strafen will. Ein solches Geschöpf voll Liebe und Segen war meine Mutter. Sie vermochte selbst uns Kinder nicht auf die gewöhn- liche Art zu strafen, sondern dieses Strafamt übte der Vater stark und kräftig: die Mutter aber ward durch unsre Unarten nur betrübt und in sich gekehrt: und wenn wir Kinder dies bemerkten, tat es uns weher als des Vaters Zucht und Strafe: denn wir hatten die Mutter gar lieb. Zuweilen aber. als die Kinder größer und den gewöhnlichen Strafen entwachsen waren, sprach bei ihren Fehltritten die Mutter ein Wort von so nachdrücklicher, tief eindringender Art. daß der Eindruck davon noch jetzt fest- steht, wo diese alten Kinder schon mit grauen Haaren umher- gehen. Oder sie sah uns mit einem Blick an. in dem eine Kraft lag. die uns wie ein treuer Wächter nachging auf allen unsern Wegen und wie mit einem starken Arm uns zurückhielt vom Bösen. Ich weiß mich noch jetzt eines solchen Blicks zu er- innern, der mich tiefer beschämt hat und in diesem Augenblick noch tiefer und inniger beschämt als alles, was mich jemals vor dem Angesicht der Menschen beschämt und gedemütigt hat. Und was war es denn. was diesen Augen eine solche Kraft gab? Das war der Geist der Reinheit und Lauterkeit, den Gott in einem seltnen Maße dieser Seele gegeben hatte: und jene andre Kraft, die wie der Arm eines Wächters die Kinder erfaßte und auf ihren Wegen begleitete, das war die Kraft des inbrünstigen Gebets und der ernstlichen Fürbitte bei Gott für diese Kinder. Wohl wenig Frauen haben so wenig gesprochen und so viel getan wie meine Mutter. In ihren jüngern Jahren, als der Vater ein sehr dürftiges Einkommen und dabei ein saures Amt hatte, erwarb die Mutter öfters mit der Nadel bei nächtlicher Lampe, wenn die sechs Kinder und auch der ermüdete Vater schon längst schliefen, das, was diese sieben am Tage erquicken und bekleiden sollte. Ihre eigne liebste Erquickung bei der Arbeit waren die Loblieder, die sie ihrem Herrn mit sanfter Stimme

8. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 338

1913 - Wittenberg : Herrosé
— 338 wird als der unwissende, und es ist bekannt, daß heutigentags fast zu jeder Arbeit eine größere oder geringere Kenntnis gehört. Wenn ein Volk durch eine vermehrte Bildung seiner Glieder bei seiner Arbeit mehr und besseres zu leisten vermag, so befindet es sich wohler als ein minder gebildetes Volk, und das wird auch dem Staate zum Vorteil gereichen, denn dessen Reichtum und Kraft wachsen mit dem Vermögen und der Stärke seiner Bewohner. Darum ist auch der Staat bemüht, die Ausbildung des Volkes in allen Kenntnissen und Fertigkeiten, die für das Leben notwendig sind, sicher zu stellen, und er ordnet deshalb an, daß alle Kinder mindestens acht Jahre hindurch die Volksschule besuchen müssen; in Fortbildungsschulen wird die Ausbildung des heranwachsenden Geschlechts fortgesetzt, und zwar geschieht dies in diesen Anstalten mit ganz besondrer Rücksicht auf den Beruf, den die jungen Leute erlernen. Die Kenntnisse, die die Volksschule dem Menschen gibt, reichen aber für viele verantwortungsvolle Berufsarten nicht aus; deshalb hat der Staat auch verschiedne andre Schulen in das Leben gerufen. Wer sich der Menschheit einst als Geistlicher oder Arzt. Richter oder Rechtsgelehrter, Sprach- oder Natur- forscher nützlich machen will, hat auch noch einige Jahre die Hoch- schule oder Universität zu besuchen; andre Hochschulen sorgen für die gründliche wissenschaftliche Ausbildung der höhern Forst- und Bergbeamten, Tierärzte, Landwirte, Ingenieure usw., und so wird in jeder Beziehung vom Staate dafür Sorge getragen, daß das heranwachsende Geschlecht einst imstande ist, seine Aufgaben in der besten Weise zu lösen. Freilich ist es auch bekannt, daß alle Weisheit und die größte Kunstfertigkeit nicht ausreicht, den Menschen zu einem sittlich reinen Lebenswandel zu bestimmen und ihn mit der Seelenruhe zu erfüllen, die ihm die Kraft gibt, in guten Tagen nicht über- mütig zu werden und in unglücklichen Zeiten nicht zu verzagen; wohl aber findet der Mensch im Glauben an Gott den wahren Frieden, und sein Herz wird durch den beständigen Umgang mit dem Herrn aller Herren begeistert für alles Gute, Wahre und Schöne. Um die Segnungen der Religion allen Menschen zuzu- führen, haben sich die Bekenner eines und desselben Glaubens zu Gemeinden verbunden, an deren Spitze der Geistliche steht, und sämtliche Gemeinden zusammengenommen bilden eine Kirche; so gibt es eine evangelische, katholische usw. Kirche. Diese regeln zwar in der Hauptsache ihre eignen Angelegenheiten selbst, der Staat führt aber die Aufsicht, daß dies in gerechter Weise erfolge, wie er auch die Ausbildung der Geistlichen beaufsichtigt, deren Anstellung regelt usw. Alle die Angelegenheiten, die sich auf Schule und Kirche be- ziehen, sowie die Medizinal-Angelegenheiten werden von einem Minister geleitet, den man gewöhnlich kurz den Kultusminister nennt. Der Minister für Handel und Gewerbe beaufsichtigt unter anderm die Bergwerke, so daß wir in ausreichender Menge mit

9. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 342

1913 - Wittenberg : Herrosé
342 Die äußern Güter sind dem Menschen ein wichtiges Eigen- tum, weil er ihrer zur Arbeit und zum Leben bedarf, und des- halb schützt sie ihm der Staat. Die Voraussetzung aller mensch- lichen Arbeit ist aber ein gesunder Körper; deshalb schützt das Gesetz unsre Gesundheit, indem es jedem, der einen andern mißhandelt, schwere Strafen auferlegt; natürlich ist die Strafe eine schwerere, wenn die Körperverletzung mit Absicht erfolgte, und wenn der Übeltäter eine Waffe, z. V. ein Messer, gebrauchte, oder wenn die böse Tat gar den Verlust eines Gliedes, wie z. B. eines Auges, zur Folge hatte; dann mutz der böse Mensch seine Handlung mit Fug und Recht im Gefängnis oder Zuchthause büßen. Solche verhängnisvolle Taten vollziehen sich gewöhnlich nur in der Aufregung des Augenblicks, und der jähzornige, streit- süchtige Mensch, der in seiner Leidenschaft seinem Mitmenschen schweres Leid zufügte, bereut bitter, daß er sich vergessen hat. Darum muß sich ein jeder Mensch vor dem Zorne und dem Hasse hüten, die nie Gutes an den Tag zu fördern vermögen; denn gar mancher ist in der Erregung schon zum Totschläger geworden, hat also die schwerste Schuld auf sich geladen, hat eine ganze Familie in das Unglück gestürzt und ein Verbrechen begangen, dessen Folgen er niemals wieder gutmachen kann, vermag er doch nicht, dem Getöteten das Leben zurückzugeben. Viel schlim- mere Verbrecher und viel schlechtere Menschen sind natürlich die Mörder, die ihrem Mitmenschen mit Absicht das Leben nehmen; sie trifft die ganze Härte des Gesetzes, indem sie mit dem Tode bestraft werden. Das köstlichste Gut aber, das der Mensch besitzt, ist seine Ehre; denn diese kann als der Ausdruck seiner ganzen Lebens- führung gelten, ist es doch also, daß ein Mensch, je besser er lebt, je mehr er für seine Mitmenschen wirkt und schafft, auch um so höher von diesen geachtet wird. Wer jemand in der Achtung seiner Nächsten herabsetzt durch Verbreitung falscher und unehrenhafter Behauptungen, der sucht ihm also einen Teil seines innern Wesens zu nehmen, und darum muß ein solcher Verleumder seine Be- leidigung durch den Spruch des Richters büßen. Es ist auch voll- ständig gleich, wer der Übeltäter ist; denn das Gesetz und der Richter kennen keinen Unterschied zwischen den Personen; wie vor Gott, sind auch vor dem Gesetze alle Menschen gleich! Wie sich die einzelnen Menschen durch gegenseitige Hilfe wesentlich zu fördern und durch Untreue zu schaden vermögen, so können sich auch ganze Völker in Ruhe und Frieden vertragen oder in bitterer Feindschaft verzehren. Da dieses Ver- hältnis der Staaten zueinander von größter Wichtigkeit für das Gedeihen des Volkes ist, wurde ein besondres Ministerium, das des Auswärtigen, damit beauftragt, die Beziehungen zu den andern Ländern zu pflegen. Wir verlangen, daß man uns in Ruhe läßt und ohne Einrede gestattet, innerhalb unsers Landes zu tun. was wir wollen, und wir gestehen dasselbe Recht allen übrigen Völ-

10. Lesebuch für die reifere weibliche Jugend - S. 343

1913 - Wittenberg : Herrosé
343 kern zu. Es kann aber heutigeslags kein Volk ohne die Hilfe andrer Länder leben, denn es bedarf der Erzeugnisse dieser Länder; wir bedürfen des Reises, der Zitronen, der Feigen aus Italien, des Weines und Getreides aus Österreich, der Felle aus Rußland usw., und diese Länder wieder wollen die Güter haben, die unsre Leineweber. Maschinenbauer usw. hergestellt haben. Da ziehen deutsche Kaufleute durch die Länder der Erde, kaufen deren Erzeugnisse, bringen diese zu uns und schaffen die Dinge, die wir fertiggebracht haben, zu jenen Völkern. Die Kaufleute bedürfen nun in den fremden Ländern, deren Gesetze sie häufig nicht genau kennen, des Rates und des Schutzes, der ihnen durch die hohen Beamten, die wir in jene Länder senden, die Konsuls und Ge- sandten. zuteil wird. Es liegt auf der Hand. daß zwischen den verschiedenen Staaten häufig Fragen auftauchen, die der Rege- lung bedürfen: wenn z. V. ein Verbrecher nach Frankreich ent- flohen ist. so kann er nur die Strafe erhalten, wenn er uns von den Franzosen ausgeliefert wird. Diese Fragen werden alle durch das auswärtige Amt mit Hilfe der in den fremden Ländern wohnenden Gesandten geregelt, und häufig geschieht dies durch Verträge, die die Staaten miteinander abschließen. Freilich kommt es zuweilen auch vor. daß zwischen den Staaten ernster Streit entsteht, den diese auf friedlichem Wege nicht beilegen wollen oder können: in solchen Fällen läßt man die Gewalt der Waffen entscheiden, und damit in der- artigen Fällen das Volk nicht wehrlos ist. halten wir auf dem Lande ein Heer und auf dem Meere eine Flotte. Diese beiden bilden die Kriegsmacht unsers Vaterlandes, die dazu bestimmt ist. unser Volk vor dem Einbruch fremder Völker zu beschützen. Es handelt sich dabei um das Wohl des gamen Volkes, und darum ist auch ein jeder gesunde und kräftige Mann verpflichtet, vom 20. Jahre an im Heere oder in der Marine dem Vaterlande, wenn nötig selbst mit Aufopferung seines Lebens, zu dienen. Auf Erden hat ja der Mensch kein höheres Gut als das Vater- land, und darum ist es auch unsre Pflicht, in den Zeiten der Rot alles, was wir haben, für unser Volk und sein Land einzusetzen. Je kräftiger und mächtiger dies geschieht, desto gewisser ist unserm Volke der Sieg! o. Poche. 211. Von der Rechtspflege. Es wäre eine schöne Sache, wenn es unter den Menschen keine Streitigkeiten gäbe. wenn jeder freiwillig dem Gesetze gehorchte, den andern ihre Rechte unverkümmert zugestände, und wenn keiner, weder aus Gewinnsucht noch aus Zorn und Leidenschaft, sich hinreißen ließe. Handlungen zu begehen, die mit einem geordneten Gemeinwesen unverträglich sind. Das ist nun aber, wie die Men- schen einmal sind. nicht möglich: und es genügt deshalb nicht, daß der Staat festsetzt, was als Recht gelten soll, sondern er muß auch
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